MOVIE KILLER(S)

MOVIE KILLERS oder "dauernd Mut du etwas machen, was keinen Anfang und kein Ende hat".

 

Jos Diegel mit einem neuen Experimentalfilm in Kooperation mit dem Mainzer Kunstverein – Walpodenakademie e.V.

am 21.09.2018 zu sehen in der Wiesbadener Gallery RubrechtContemporary

Dinge verändern sich – manchmal dramatisch manchmal schleichend aber dennoch in ihrer Auswirkung deutlich. Jeder kennt das, der einmal eine Küstenregion entlang gelaufen ist und die Macht des Wassers kennengelernt hat. Kurzum - die Naturgewalten schleifen, bohren, spülen und kippen die Welt so, wie es ihnen gefällt.

Auch wir Menschen kennen dies und schätzen es, wenn wir aus unserem täglichen tun heraus neue Werte schaffen und es nicht als Zerstörung verstehen. Aber wird nicht immer etwas benutzt, um es in eine andere Form zu bringen. Wie man diesen Prozess versteht und oder auch erlebt, macht es dann zu einem schöpferischen oder zerstörerischen Akt.

Ich selbst habe mich recht früh in den 80er mit dem Filmemachen beschäftigt. Damals war das noch richtige Handarbeit. Mit 16 Jahren setzte man auf Schmalspur – obwohl man sich als Teenager oft groß vorkam. Die Super 8 Streifen hingen bei mir regelrecht auf Wäscheleinen im Zimmer – immer fest im Blick, wie ich welche Sequenz nun in die richtige dramaturgische Reihenfolge bringe. Fertiggeklebt war dann der Kurzfilm nach einiger Zeit. Fokussiert hatte ich mich seinerzeit auf die Tierfilmerei.

 

Nun -  35 Jahre später – wurde ich wieder mit Filmstreifen konfrontiert – diesmal aber in 35mm Format.

Ein kreativer Kopf – mit Namen Jos Diegel, Filmemacher aus Offenbach – lud uns ein eine experimentelle Filmarbeit umzusetzen. Den Rahmen hierzu setzte der Mainzer Kunstverein- Walpodenakademie e.V. . Übrigens, wer für außergewöhnliche Kunsterlebnisse empfänglich ist, sollte hier öfters vorbeischauen. So hat der Leiter dieser Einrichtung Stefan Brand auch gemeinsam mit Jos Diegel zu einem 35mm Workshop in die Neubrunnenstraße eingeladen.

Schon in mehreren 35-mm-Workshops quer durch die Republik produziert der Künstler und Filmemacher gemeinsam mit Teilnehmerinnen und Teilnehmer Experimentalfilme allein per Handarbeit und ohne Kamera. Analoge Filmstreifen und -bilder werden bemalt, zerkratzt, beschnitten und neu montiert. Das Chaosprinzip spielt dabei eine große Rolle, wenn die entstandenen 35 mm Filmstreifen zu einer gemeinsamen Filmrolle zusammengesetzt werden. Die in der Gruppe produzierten collagierten, farbigen und schnell geschnittenen Kurzfilme fordern im Ergebnis „unkonventionelle Sehgewohnheiten“ heraus.

Jetzt verstehen sie auch meine Einleitung – es hat richtig Spaß gemacht auf diese Weise – auch ein Stück weit zerstörerisch – Neues zu erschaffen. Zum Beispiel nahm ich Filmstreifen mit um diese auf dem Splittbelag der Grünanlage an der Kaiserstraße in Mainz direkt vor den Augen Eduard Kreßig neu zu bearbeiten.

Jos Diegel betreibt intensiv, wie er es selbst sagt, eine fröhliche Wissenschaft über die Barrieren der künstlerischen Disziplinen Malerei, Film, Performance, Theater, hinaus. Und das unentwegt, so scheint es. Jede Disziplin und jedes Format setzt auf neue Möglichkeit, die es zu bespielen gilt. Auch Schrift und Text spielen neben Materialität, Diversität und Spontanität in Jos Diegels Werken durchaus eine tragende Rolle – und zwar als Mittel der Kommunikation, sozusagen als Wechselspiel zwischen Theorie und Praxis.

Das was gesagt wird schwingt in den Filmen von Jos Diegel oft zwischen bewusst polemisch oder ironisch bis Dialoghaft vielschichtig. Witze vermischen sich mit Statements, Perspektiven wechseln sich ab." Immer wieder tauchen deutsche, englische französische Texte und Bezüge auf den Malereien und in den Filmen von Diegel auf. Impuls gebend u.a. durch die Künstlerbewegungen der 50er und 60er Jahre, den Situationisten und den Lettristen finden sich Schriftbilder mit "ne creéz Jamals" oder "Dépassement de l´Art lui même". Immer wieder sperren sich lange, fast unaussprechliche Filmtitel wie "Dauernd Mut du etwas machen, was keinen Anfang und kein Ende hat" der leichten Interpretation und Erfüllung von Erwartung des Publikums. Immer wieder prasseln Statements und nicht-ganz so platonische Dialoge auf die Betrachter ein."

Vor allem, so Jos Diegel weiter, geht es ihm um das Zeigen und auch um das Öffnen gesellschaftlicher festgefahrenen Strukturen.

Auch wir stellten uns der Titelsuche für unseren Film. Inhaltlich eher eine wilde bildhafte Collage – die die Herangehensweise des Zerstörerischen deutlich macht aber auch spielerisch, wie Poetisches zur Darbietung bringt. Wichtiger, als den Film zu verstehen, ist ein atmosphärisches Ereignis, das Selbstverständlichkeiten und Sehgewohnheiten herausfordert, ganz in der Tradition von Jos Diegel Werken.

Das Ergebnis der Titelsuche: Moviekiller.

 

 

 

Und der Konzeptkünstler und Leiter der Walpodenakademie Stefan Brand setzte aber noch eins oben drauf – denn zum Sehgenuss fehlte noch ein passender Ton. Schon im Workshop dacht er daran und lies ein Tonaufnahmegerät mitlaufen, um die vielfältigen Bearbeitungsgeräusche des arbeitsreichen Juni Nachmittags mit einzufangen.

Im Rahmen der Premierenaufführung des Films am 22.Juli wurde zur Komplettierung eine Livevertonung des Films vorgenommen. Eine Band um den Konzeptkünstler mit dem Namen WARCOLOURED DUEL spielte diese Musik passend zu den laufenden Bildern von Jos Diegel & Collaborators intuitiv ein.

Und wenn ich Sie nun neugierig gemacht habe und Sie gerne das Endergebnis einmal selbst in Augen- und Ohrenschein nehmen möchten, so kann ich Ihnen den 21. September empfehlen, denn die Wiesbadener Gallery „RubrechtContemporary“ wird den Film im Rahmen der Ausstellungseröffnung zu MovieKiller am 21.09. mit ergänzenden Kunstobjekten der beteiligten Künstler präsentieren.

 

Derzeit arbeiten Jos Diegel und Producerin Jana Ilieva gemeinsam  an dem experimentellen Spielfilmprojekt CALL YOUR DARLINGS". Einen ersten Preis hat Jos Diegel in 2017 auch bereits für die experimentelle  Verfilmung „Exoplanetarier Erstkommunikation“  gewonnen (Veranstalter: Deutschlandfunk - Kultur).

 

Ein Frühwerk des Künstlers wurde ebenfalls prämiert und zwar als Gewinner des Hauptpreises beim FR-Wettbewerb zur Ausstellung „Poesie der Großstadt“ in der Schirn